Ein Kommentar von Heribert Klein:
Generationengerechtigkeit, das war das überwölbende Thema der zweitägigen Beratungen zum Haushalt 2023 im Rat der Stadt Mettmann.
Rückblickend gefragt – waren die Entscheidungen der vergangenen etwa zwanzig Jahre ´gerechtˋ gegenüber zukünftigen Generationen?
Wohl eher nicht, denn wir haben die Substanz unserer Stadt sprichwörtlich ´kaputt gespartˋ zu Lasten späterer Generationen. An sich hätte insofern eine Wertberichtigung des Eigenkapitals erfolgen müssen. Stattdessen wurde das damit faktisch überbewertete Eigenkapital ganz im Gegenteil zum jährlichen Ausgleich des städtischen Haushalts weiter in Anspruch genommen. Und alle realisierten größeren Projekte, wie z.B. das Integrierte Handlungskonzept Innenstadt, wurden zwar durch eingeworbene Fördergelder überhaupt erst möglich – aber der verbleibende Fehlbetrag eben auch erneut über eine weitere Kreditaufnahme finanziert.
Dem Ergebnis nach sind notwendige Investitionen zum Erhalt der Substanz unterblieben; dadurch wurde die tatsächliche Abbildung der Realität im städtischen Haushalt faktisch verschleiert.
Perspektivisch gefragt – ist absehbar ein ausgeglichener Haushalt überhaupt noch darstellbar?
Wohl eher nicht, denn der Haushalt ist durch die Verletzung des Konnexitätsprinzips bei der Übertragung von Aufgaben durch Land und Bund bereits strukturell unterfinanziert. Zusätzlich bestehen finanziellen Risiken durch die Entwicklung von Inflation und damit der Kreditzinsen, die Tilgung der ausgelagerten corona- und kriegsbedingten Kosten sowie extrem angestiegene Baukosten.
Dem Ergebnis nach bedarf es also der Anstrengung der gesamten Stadtgesellschaft, um im Interesse einer zukunftsfähigen Stadtentwicklung handlungsfähig zu bleiben; eine Flucht in die vermeintlich ´rettende` Haushaltsicherung löst keines der bestehenden Probleme, sondern erfordert zwingend den radikalen Abbau der sog. freiwilligen Leistungen, wie z. B. die Musikschule, die Bücherei oder auch das Naturfreibad.
Im Übrigen verringert sich der finanzielle Spielraum mit der Inanspruchnahme des Eigenkapitals zunehmend, da ein Ausgleich zum einen gesetzlich auf maximal 5% beschränkt ist und sich zum anderen aus dem durch ein Abschmelzen immer geringer werdendem Eigenkapital errechnet.
Optionsbezogen gefragt – welche nutzbaren ´Stellschrauben` verbleiben da bei der Aufstellung des städtischen Haushalts?
Auch die Validierung der Ergebnisse einer externen Untersuchung durch IMAKA als einem auf dieStrukturen von öffentlichen Verwaltungen bezogen erfahrener Unternehmensberater haben vergleichsweise geringe mögliche Potentiale zur Einsparung offengelegt. Durch den Rat wurde bei der Entscheidung einer vertretbaren Umsetzung wohlgemerkt auch vor der Reduzierung der eigenen Mandate oder vor der Reduzierung des Umfangs einer finanziellen Unterstützung nicht zurückgeschreckt.
-2-
Damit hat sich der verbleibende Raum für mögliche Entscheidungen bei den diesjährigen Beratungen zum Haushalt 2023 mehr als deutlich eingeschränkt, um die Grenzen der jeweiligen Belastbarkeit im Interesse aller nicht zu überschreiten.
Außerdem käme der von verschiedener Seite geforderte Aufschub von überfälligen und pflichtigen Investitionen einer ´Insolvenzverschleppung` gleich.
Dem Ergebnis nach verblieb also lediglich noch die Möglichkeit einer Feinjustierung aller denkbar zur Verfügung stehenden ´Stellschrauben`, um mit einer verbleibenden minimalen Risikovorsorge einen genehmigungsfähigen Haushalt zu verabschieden.
Im Fokus der Diskussion zwischen den einzelnen Ratsfraktionen stand die unpopuläre Entscheidung einer erneuten Anhebung von Steuern – unter den sich aus dem errechneten Defizit, der rechtlich zulässigen Inanspruchnahme des Eigenkapitals und eines Risikopuffers ergebenden Eckwerten.
Getragen wurde die getroffene Entscheidung als ein unter intensivem Ringen zustande gekommener Kompromiss zwischen CDU, Grünen und SPD – den die verbleibenden anderen Fraktionen nicht mit tragen wollten und mit Ablehnung oder auch Enthaltung reagiert haben.
Generationengerechtigkeit, um darauf zurückzukommen, war das überwölbende Thema der an zwei aufeinander folgenden Tagen geführten Beratungen zum Haushalt 2023 im Rat der Stadt Mettmann.
Und – wie steht es nun um die viel zitierte Generationengerechtigkeit?
Dies ist einerseits gelungen durch die moderate Inanspruchnahme der gesamten Stadtgesellschaft als Ausgleich für die in den vergangenen Jahren unterbliebene angemessene Beteiligung an einer Refinanzierung des Haushalts und andererseits eben auch durch die angemessene Inanspruchnahme der Generationen zukünftiger Nutzer einer übergebenen intakten Infrastruktur.