Genau 90zig Jahre nach der unsäglichen Verabschiedung des „Ermächtigungsgesetzes“ am 23. März 1933 hielt Christian Denstorff einen fundierten Vortrag dazu.
Es gelang ihm, anschaulich die Entwicklungen nach dem 1. Weltkrieg bis 1933 dazustellen und so den Aufstieg der Nationalsozialisten zum „Dritten Reich“ deutlich zu machen.
Der 23. März 1933 signalisiert das Ende der Weimarer Republik und den Beginn einer zwölfjährigen, nicht in Worte zufassenden, Herrschaft der Nazis mit dem Holocaust und am Ende der Befreiung Deutschlands vor diesem Terrorregime.
Der Versailler Vertrag gab autoritären und monarchistischen Eliten die Legitimation zu einer unsäglichen Hetze gegenüber der jungen Republik. Die Dolchstoßlegende ist ein Beispiel dafür.
Die Wahl Hindenburgs, dem Oberbefehlshaber im ersten Weltkrieg, zum Reichspräsidenten und damit seine Rolle bis 1933 verdeutlichte Denstorff mit vielen Beispielen. Der Monarchist und Demokratiegegner, unterstützt durch konservative Eliten wie der Kamarilla und einer antidemokratischen Presse unter Hugenberg, tat alles um die demokratischen Kräfte zu desavouieren. Rechtstehende Politiker wie von Papen oder von Schleicher halfen ihm dabei. Am Ende wurde 1933 Hitler von Hindenburg zum Reichskanzler ernannt. Hitler war für ihn das kleinere Übel gegenüber den demokratischen Kräften.
Denstorff zeigte die staatstragende Rolle der SPD auf, die bis 1928 verschiedene Koalitionsregierungen anführten oder an ihnen beteiligt waren.
Der Gipfel der antidemokratischen Machenschaften war der „Preußenschlag“ bei dem die von der SPD geführte Koalition in Preußen mit Hilfe der Polizei und des Militärs abgesetzt wurde. Ein echter Staatsstreich.
Die Folgen der zu zahlenden Reparationen und zwei verheerende Weltwirtschaftskrisen 1923 und 1928 spielten den extremen Kräften von rechts und links in die Hände. Die Republik war gespalten und es kam zu politischen Morden.
Ein weiterer Höhepunkt war der Reichstagsbrand am 27. Februar 1933. Die Hintermänner sind bis heute nicht bekannt. Für die Nationalsozialisten genügend Legitimation dieses Ereignis den Kommunisten in die Schuhe zu schieben.
Aufgrund der wirtschaftlichen Situation vieler Bürgerinnen und Bürger und der aufgeheizten Stimmung gelang es den Nationalsozialisten bei den Reichstagswahlen hohe Stimmengewinne zu erringen. Diese waren allerdings nie so hoch, dass sie ohne Unterstützung anderer konservativer Kräfte hätten regieren können. Die Stimmenanteile der SPD und des Zentrums stagnierten während die bürgerlichen Parteien bedeutungslos wurden.
Dies vorausschickend kam nun Denstorff zu dem konkreten Ereignis der Verabschiedung des „Ermächtigungsgesetzes“ am 23. März 1933 in der Kroll Oper. Die Nationalsozialisten wollten für die totale Machtergreifung eine scheinlegale Berechtigung erhalten.
Die Reichstagsfrakton der SPD umfasste zu dem Zeitpunkt 120 Abgeordnete. Die Situation und Stimmung in der Kroll Oper war erdrückend. Anstatt der Flagge der Republik hing ein großes Hackenkreuz hinter dem Präsidium und dem Rednerpult. SA war im Saal anwesend und umstellte die Abgeordneten der SPD. Mehrere Abgeordnete der SPD und alle Kommunisten, denen man das Mandat schon entzogen hatte, konnten an der Sitzung nicht teilnehmen, da sie bereits interniert, auf der Flucht oder im Krankenhaus waren.
Denstorff schilderte eindrücklich die Meinungsbildung in der SPD Fraktion, die am Ende zu dem historischen Nein der SPD zu diesem Gesetz führte. Auch zeigte er die Diskussion innerhalb des Zentrums auf, die schließlich dem Gesetz zustimmten. Letztere waren innerhalb ihrer Meinungsbildung geteilt, am Ende hatten die Zustimmer aus dem konservativen Flügel die Oberhand.
Besonders hob er die Rolle von Louise Schröder, Kurt Schuhmacher und Otto Wels hervor, der herzkrank dann die denkwürdige Rede für die Sozialdemokratie hielt: „Freiheit und Leben kann man uns nehmen, die Ehre nicht“.
Denstorff ging zum Abschluss auf die historische Diskussion in der jungen Bundesrepublik ein. Erst 1979 richtete Willy Brandt eine Geschichtskommission ein, die die Ereignisse am 23. März aufarbeitete. Davor wurde die Diskussion zu diesem welthistorischen Ereignis sehr zurückhaltend geführt. Viele wollten nach vorne schauen und da störte eine ehrliche Aufarbeitung eher. Zudem neigte die Generation der Kriegsteilnehmer eher zum Schweigen als zum Reden.
Professor Dr. Heinrich August Winkler hat in verschiedenen Beiträgen die herausragende Rolle der Sozialdemokratie bei diesem denkwürdigen Ereignis hervorgehoben.
Mit dieser Bewertung endete der Vortrag von Christian Denstorff, der aufzeigte, wie wichtig es ist, die Demokratie frühzeitig und wachsam vor antidemokratischen und autoritären Kräften insbesondere des rechten Spektrums zu schützen.