offener Brief an den „Bund der Steuerzahler“

Sehr geehrter Herr Kanski,

im Namen meiner Fraktion danke ich Ihnen zunächst für Ihr Schreiben und Ihre Anregungen zum Entwurf des Mettmanner Haushaltes 2022. Die Tatsache, dass sich der Bund der Steuerzahler offensichtlich intensiv mit der Haushaltslage der Stadt Mettmann befasst hat, ist anzuerkennen. Die von Ihnen formulierten Hinweise nehmen wir gerne auf. Allerdings halte ich es für erforderlich, einige Ausführungen zu Ihren Feststellungen zu machen, damit insbesondere in der interessierten Öffentlichkeit kein falscher Eindruck über die Haushaltsplanberatungen in Mettmann entsteht.

Zunächst möchte ich festhalten, dass bisher nur ein erster Haushaltspanentwurf Seitens der Stadtverwaltung Mettmann eingebracht wurde. Die Bürgermeisterin hat bei der Einbringung des Haushaltes explizit und zu Recht darauf hingewiesen, dass nun eine intensive Diskussion und Beratung erforderlich ist, um zu einem endgültigen Haushalt zu gelangen. Sie hat zudem zu Recht darauf verwiesen, dass die Ergebnisse der extern durchgeführten Organisationsuntersuchung der Kernverwaltung sowie der strategischen Haushaltskonsolidierung noch in den Entwurf eingearbeitet werden müssen. Dies ist bisher nicht geschehen, da die entsprechenden Ergebnisse zunächst in den politischen Gremien vorgestellt und bewertet werden müssen. Ich halte es daher für bedenklich, wenn in der Öffentlichkeit der Eindruck erweckt wird, dass der vorliegende Entwurf bereits „in Stein gemeißelt“ ist. Das genaue Gegenteil ist der Fall: Wir befinden uns am Anfang der politischen Beratungen zum Haushalt. Es war und ist jederzeit geplant gewesen, die Ergebnisse der o.g. Untersuchungen in die weiteren Beratungen einzubeziehen.

Erlauben Sie mir an dieser Stelle den Hinweis, dass meine Fraktion im vergangenen Jahr sehr bewusst den Antrag gestellt hat, den Prozess der strategischen Haushaltskonsolidierung zu initiieren. Wir haben dies getan, da wir die kurzfristigen finanziellen Handlungsmöglichkeiten der Kommune als nahezu erschöpft ansehen und es für dringend erforderlich halten, mittel- und langfristige Konsolidierungsschritte zu beschreiten. Auch aus unserer Sicht kann es keine Lösung sein, die Steuer- und Gebührenschraube für die Bürgerinnen und Bürger kontinuierlich anzuziehen und die Attraktivität unserer Stadt hierdurch zu senken. Gleichwohl sehen wir uns weiterhin in der Verantwortung, den Nothaushalt zu verhindern und so einen Rest finanzieller Handlungsfähigkeit zu bewahren. Hierzu waren teilweise unpopuläre Entscheidungen notwendig, welche meine Fraktion im Sinne der beschriebenen Verantwortung mitgetragen hat.

In Ihren Ausführungen vermisse ich einen deutlichen Hinweis, woraus ein Großteil der finanziellen Schieflage vieler Kommunen – Mettmann befindet sich hier in schlechter Gesellschaft und stellt wahrlich keine Ausnahme dar – resultiert: Aus der seit Jahrzehnten unzureichenden Finanzierung der Kommunen durch das Land sowie – im grundgesetzlich zulässigen Rahmen – den Bund. Es dürfte unstrittig sein, dass die bestehenden Regelungen zur Gemeindefinanzierung dringend reformiert werden müssen.

Statt sich dieser Aufgabe nachhaltig anzunehmen, haben Bund und Land – unabhängig von Parteigrenzen – den Kommunen über Jahre hinweg Aufgaben übertragen, ohne für eine ausreichende Finanzierung der Wahrnehmung zu sorgen. Gemeinsam mit der ungelösten Frage der kommunalen Altschulden und der daraus resultierenden Finanzbelastung der Kommunen bestehen hier finanzielle Einschränkungen, die es den Kommunen in vielen Fällen fast unmöglich macht, sich erfolgreich zu konsolidieren.
Weiterhin vermisse ich in Ihrem Schreiben ein Anerkenntnis der in den vergangenen Jahren bereits getätigten Konsolidierungsbemühungen. Rat und Verwaltung der Stadt Mettmann haben hier über Jahre Verantwortung übernommen und teils unbequeme Entscheidungen getroffen. Es sollte daher keinesfalls der Eindruck entstehen, dass sich die Verantwortlichen ihrer Aufgabe nicht bewusst waren und sind und diese auch angenommen haben. Auch in diesem Jahr wurde durch die Verwaltung bereits ein Vorschlag für eine neue Aufbauorganisation der Verwaltung eingebracht.

Durch die Übernahme der Dezernatsverantwortung durch die Bürgermeisterin kann hier ein deutlicher Konsolidierungsbeitrag geleistet werden.
Bezüglich der von Ihnen an die Politik adressierten pauschalen Einsparungsvorschläge kann ich nicht erkennen, an welchen konkreten Stellen Sie tatsächlich zu Einsparungen kommen wollen. Die von Ihnen angesprochenen Erhöhungen im Personalbereich resultieren beispielsweise aus der Wahrnehmung von notwendigen Aufgaben, insbesondere im Bereich des Feuer- und Rettungswesens sowie der Kinderbetreuung. In vielen anderen Bereich der Verwaltung herrscht schon jetzt ein dramatischer Personalmangel, teilweise bedingt durch Sparentscheidungen der vergangenen Jahre. Dies hat bereits heute Demotivation, Überlastung und Überforderung der verbliebenden Mitarbeitenden zur Folge. In der Öffentlichkeit sollte daher nicht der Eindruck einer „aufgeblähten“ Verwaltung entstehen, bei welcher „mal eben“ Stellen eingespart werden können. Sollten sich im Rahmen der bereits erwähnten Untersuchungen hier noch Konsolidierungsmöglichkeiten ergeben, werden wir diesen selbstverständlich nachgehen.

Die von Ihnen ebenfalls kritisierte Erhöhung der kommunalen Schulden ist insbesondere der lange überfälligen Investitionstätigkeit in wichtige Zukunftsaufgaben geschuldet. Die Neuordnung der Schullandschaft, der Neubau einer Feuer- und Rettungswache, die Erweiterung von Kinderbetreuungsangeboten sowie die dringend erforderliche Erweiterung des Baubetriebshofes sind hier nur einige Beispiele. Diese Investitionen sind aber zwingend notwendig, um unsere Stadt Fit für die Zukunft zu machen und den Bürgerinnen und Bürgern eine attraktives und sicheres Lebensumfeld zu bieten. Ich kann nicht erkennen, an welcher Stelle hier aus ihrer Sicht Einsparungen möglich sind. Zudem verweise ich darauf, dass meine Fraktion sich in der Vergangenheit immer dafür stark gemacht hat, Möglichkeiten der Kostenreduzierung bei Bauvorhaben zu prüfen, beispielsweise durch alternative Bauweise wie Modulbauweise. Dies werden wir auch weiterhin, im Sinne der Finanzverantwortung, tun.

Sehr geehrter Herr Kanski,

wir erkennen ausdrücklich die mahnende und kritische Haltung des Bundes der Steuerzahler an und nehmen Ihren Input entsprechend ernst. Allerdings haben meine Ausführungen hoffentlich deutlich gemacht, dass auch wir als Kommunalpolitik unsere Aufgabe ernst nehmen und alles unternehmen, dem beschriebenen Spagat zwischen (weiterer) Belastung der Bürgerinnen und Bürger auf der einen Seite und einer finanziell handlungsfähigen, attraktiven und sicheren Kommune auf der anderen Seite zum Gelingen zu bringen. Wir bedienen uns dabei auch neuer Wege im Rahmen der strategischen Haushaltskonsolidierung und sind auch zu unpopulären Maßnahmen bereit.
Diese Aspekte sollten in der Darstellung der Prozesse in der Öffentlichkeit und aller, teilweise sicher berechtigten Kritik, nicht vergessen werden. Zudem halte ich es für kontraproduktiv, bereits vor Beginn der anstehenden Haushaltsplanberatungen über „massive Steuererhöhungen“ zu spekulieren, ohne die Ergebnisse der von mir beschriebenen Prozesse zu kennen. Wie auch in der Vergangenheit werden wir die nun anstehenden Beratungen konstruktiv kritisch begleiten, denn auch wir als Ratsmitglieder sind Bürgerinnen und Bürger unsrer Stadt und von unseren Entscheidungen direkt betroffen.
Da auch Sie die Form des offenen Briefes gewählt haben, erlaube ich mir, meine Replik ebenfalls öffentlich zu machen.
Für einen weiteren Austausch stehen meine Fraktion und ich gerne zur Verfügung.

Florian Peters,
Fraktionsvorsitzender