Sondierungspapier zwischen SPD und CDU/CSU

Der Stellvertretende Landrat, Manfred Krick (SPD):

"Nach vielen Gesprächen im Freundes- und Bekanntenkreis und natürlich sondern auch mit Genossinnen und Genossen der SPD bin ich für mich zur Überzeugung gekommen, dass es in der jetzigen Situation vernünftig ist, in Koalitionsverhandlungen mit dem Ziel einer großen Koalition einzutreten.

Es war absolut richtig von Martin Schultz nach der Wahl am 24. September anzukündigen, dass die SPD in die Opposition geht. Meine Sorge ist es immer gewesen, dass Große Koalitionen der beiden Volksparteien die Ränder des politischen Spektrums stärken und damit unserer Demokratie dauerhaft Schaden zufügen könnten. Eine große Koalition muss deshalb immer Ausnahme sein. Da eine Jamaika-Koalition möglich war, bedurfte es einer solchen Ausnahme nicht. Die FDP hat sich dann, wie ich es empfinde aus wahltaktischen, vielleicht auch karrieretaktischen, auf jeden Fall schwerlich nachvollziehbaren Gründen einer solchen möglichen Koalition versagt.
Damit ist plötzlich und unerwartet eine neue Situation eingetreten. Dass unser Bundespräsident in dieser Situation an das Verantwortungsbewusstsein der beiden großen Volksparteien appelliert hat, hat zum Nachdenken in der SPD wesentlich beigetragen. Das ist für mich kein Umfallen.

Nun liegt nach den Sondierungsgesprächen ein sicherlich nicht in allen Punkten für uns Sozialdemokraten zufriedenstellender Arbeitsplan für eine neue Große Koalition vor. Wenn das in diesem Arbeitsplan enthaltene in den Koalitionsverhandlungen konkretisiert und in gemeinsamer Regierungsverantwortung umgesetzt wird, kann dies für unser Land trotzdem in wichtigen Bereichen positiv wirken. Für mich trifft das insbesondere für den Bereich der Bildung mit einer verstärkten Verantwortlichkeit des Bundes, für den Bereich der Rente mit einer Solidarrente und einem abgesicherten Rentenniveau von mindestens 48 % und für den Bereich Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit mit dem Bekenntnis zu einem sozialen Arbeitsmarkt zu. Insofern könnte es passen.

Ich scheue mich auch nicht davor, wenn die SPD Frau Merkel erneut als Bundeskanzlerin mitwählt. Frau Merkel hat in ihrer Regierungszeit als Kanzlerin der beiden Großen Koalitionen viele sozialdemokratische Themen unterstützt und gemeinsam mit der SPD umgesetzt. Leider sind von ihr aber auch zugesagte Initiativen, wie zum Beispiel das Rückkehrrecht nach Teilzeitarbeit in Vollzeit nicht gegenüber Taktierern in der CDU durchgesetzt worden. Solche Dinge oder Alleingänge wie vom CSU- Landwirtschaftsminister bei der Glyphosat-Zulassung dürfen zukünftig nicht mehr passieren, sonst muss einen Groko enden.

Ich habe in den Gesprächen, die ich geführt habe, den Eindruck gewonnen, dass nur wenige Bürgerinnen und Bürger für Neuwahlen sind. Das sollten sich die Verantwortlichen der beiden großen Volksparteien vor Augen führen. Wenn es aber keine Vereinbarung zu einer Großen Koalition gibt, wird es nach meiner Überzeugung Neuwahlen geben müssen."

Heribert Klein, Vorsitzender des SPD-Ortsvereins Mettmann:

"Auch wir bedauern die zeitliche Entwicklung zur Bildung einer stabilen Regierung durch die Union als stärkste Fraktion im Bundestag – gerade wenn man an die durchaus selbsbewußte Erklärung von Frau Merkel am Wahlabend denkt.

Ihre Frage nach unserer Meinung zur Großen Koalition möchte ich zunächst mit einer Gegenfrage beantworten, und zwar – ab wann sind die gewählten Parteien legitimiert das erhaltene Mandat an den Wähler zurückzugeben? … doch erst dann, wenn hierzu alle Möglichkeiten ausgelotet worden sind!

Dieser demokratischen Herausforderung müssen wir uns nun stellen, da die medienwirksam inszenierten langen Verhandlungen über eine Jamaika-Koalition am Ende gescheitert sind.

Ansich hatten wir im Gegensatz zur Union am Wahlabend die an Union und SPD adressierte Antwort eines Verlustes an Vertrauen durch den Wähler verstanden und mit dem Gang in die Oposition respektieren wollen.

Genau aus diesem Respekt vor dem Wähler hat unser Bundespräsident nun aber auch allen Parteien die staatspolitische Verantwortung zur Bildung einer stabilen Regierung zu bedenken gegeben.

Damit beantwortet sich die Frage nach dem Sinn einer erneuten Koalition durch die parlamentarisch mögliche Mehrheit aus einem Zusammenschluss von Union und SPD – trotz des in den Wahlen manifestierten Verlustes an Vertrauen! … denn was wäre die Alternative? … eine Minderheitsregierung kann durch den Wähler nicht gewollt sein! … in der Konsequenz – eine Auflösung des Parlamentes durch den Bundespräsidenten? … da wären wir dann wirklich bei der Ultima Ratio angelangt! … entspräche dies noch dem Geist des Grundgesetzes? … damit würden sich die demokatischen Parteien unter Umständen vielleicht eher selbst desavouieren und den mit der erfolgten Wahl ebenfalls ausgedrückten Protest gefährlich verstärken!

Mit Blick auf Ihre weiteren Fragen möchte ich zunächst einmal darauf hinweisen, dass das Ergebnis der Sondierungen zwar eine Grundlage ist – aber auch nicht mehr darstellt!

Als Beispiel möchte ich die in den Medien diskutierte Frage nach einer steuerlichen Entlastung aufgreifen – da waren sich doch SPD und Union im Wahlkampf doch bereits sehr nahe in dem Ansatz einer Abflachung der Progressionszone bis zu einer Höhe von etwa 62.000 Euro zu versteuerndem Einkommen.

Auch die CDU hat im Wahlkampf ganz mutig die von der SPD geforderte Entlastung der hart arbeitenden Bevölkerung mit entsprechenden Aussagen kopieren wollen!

Also da werden in Koalitionsverhandlungen noch "dicke Bretter" zu bohren sein, denn eine abschließende Befragung der SPD-Mitglieder wird mittelbar auch eine Abstimmung über die Zukunft von Frau Merkel als Kanzler-Kandidatin sein. Da wäre eine Kanzler-Rochade zur Mitte der Legislatuperiode vielleicht eine mögliche Antwort auf Ihre Zuspitzung eines "Steigbügelhalters für vier weitere Jahre" – und würde Frau Merkel noch ein selbst bestimmtes Ende ihrer Kanzlerschaft ermöglichen.

Zusammenfassend kann ich nicht erkennen, dass unser verantwortlicher Umgang mit der vom Bundespräsidenten geäußerten Erwartung manch eine despektierliche Bewertung gegenüber der SPD in der bisherigen öffentlichen Diskussion rechtfertigt – im Gegenteil dem geradezu widerspricht!"

Quelle: Schaufenster Mettmann: http://www.schaufenster-mettmann.de/die-stadt/die-aussagen-der-mettmanner-politiker-im-wortlaut-aid-1.7324925